Ausgefragt?! – Was hält unsere Leber gesund?


Interview mit Dr. Peter Hübener

Universitäres Leberzentrum Hamburg

Anlässlich des Deutschen Lebertags am 20. November spricht Dr. Peter Hübener, Ärztlicher Leiter des Universitären Leberzentrums Hamburg, über Erkrankungsbilder, Behandlungs- und Vorsorgemöglichkeiten.

  • Guten Tag, mein Name ist Peter Hübener, ich bin internistischer Leiter des Universitären Leberzentrums Hamburg im UKE.


    Herr Dr. Hübener, welche Funktion übernimmt die Leber im menschlichen Körper?

    Die Leber ist auf der einen Seite unser wichtigstes Stoffwechselorgan. Sie reguliert die Körpertemperatur, sie speichert Energieträger, sie stellt lebensnotwendige Eiweiße her, und sie hilft zum Beispiel bei der Verdauung von Fetten. Auf der anderen Seite ist die Leber unser wichtigstes immunologisches Organ. Sie reguliert unser Zusammenleben mit der intestinalen Flora, das heißt der Gesamtzahl der Bakterien und Mikroorganismen im Magen-Darm-Trakt, auf deren Funktion wir bei der Verdauung angewiesen sind. Die Leber hat dabei die Aufgabe, dieses Zusammenleben mit der Mikroflora zu regulieren, indem sie die richtige Balance zwischen Immunabwehr und -toleranz findet.

    Woran erkrankt die Leber am häufigsten?

    Weltweit gesehen sind es vor allem virale Infektionserkrankungen und übermäßiger Alkoholkonsum, die die Leber schädigen. In Deutschland und in Westeuropa tritt vor allem in letzter Zeit die Fettlebererkrankung in den Vordergrund, die bis zu 30 Prozent der erwachsenen Bevölkerung betrifft. Sie ist gekennzeichnet durch eine vermehrte Speicherung von Fett in Leberzellen und ist den meisten Fällen aber keine eigentliche Lebererkrankung, sondern deutet auf ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen hin. Bei einigen Patient:innen geht diese Lebererkrankung aber auch mit einer Leberentzündung einher. Diese Patient:innen haben ein erhöhtes Risiko auch für Umbauvorgänge in der Leber und entsprechende Folgeerscheinungen, und diese Patient:innen müssen wir gezielt identifizieren und versuchen zu behandeln.

    Wie werden Lebererkrankungen diagnostiziert?

    Eine Lebererkrankung zu erkennen, ist häufig nicht ganz einfach, weil die meisten Lebererkrankungen für Betroffene ohne spezifische Symptome ablaufen. Oberbauchschmerzen, Abgeschlagenheit, Müdigkeit oder Juckreiz können auf eine Erkrankung der Leber hinweisen. In diesen Fällen helfen uns Laboruntersuchungen und eine Ultraschalluntersuchung oft sehr viel weiter. In einigen Fällen kann eine Messung der Lebersteifigkeit, zum Beispiel bei der Fettleber, dabei helfen, Patient:innen mit erhöhtem Risiko zu identifizieren. Das bieten wir im Universitären Leberzentrum Hamburg an. In seltenen Fällen wird auch eine Leberbiopsie notwendig, um das Ausmaß und den genauen Mechanismus der Leberschädigung zu identifizieren.

    Welche Therapiemöglichkeiten bei Lebererkrankungen gibt es?

    Das hängt natürlich ganz von der zugrundeliegenden Erkrankung ab. Viele Lebererkrankungen kann man mit Medikamenten gut einstellen und auch heilen. Grundsätzlich verzeiht die Leber vieles und kann wie kein zweites Organ im menschlichen Körper regenerieren. Deshalb ist es wichtig, dass man gerade chronische Lebererkrankungen frühzeitig erkennt und behandelt. Sind aber bereits Folgeschäden der Leber eingetreten und die Funktionsfähigkeit der Leber eingeschränkt, kann eine Lebertransplantation notwendig werden, um das Patientenleben zu retten. Der Vorteil der Behandlung in einem Zentrum wie unserem liegt zum einen darin, dass wir das gesamte Spektrum der Lebermedizin abbilden können, von der Ambulanz bis zur Lebertransplantation. Ein anderer Vorteil liegt in der engen Verzahnung der Behandlungspartner. Hier am UKE arbeiten Spezialistinnen und Spezialisten aus vielen verschiedenen Fachbereichen zusammen, um das jeweils beste Behandlungskonzept für Kinder wie für Erwachsene im Bereich der Lebermedizin zu entwickeln und umzusetzen. Gleichzeitig sind wir zum Beispiel im Bereich der seltenen Lebererkrankungen europäisch stark vernetzt.

    Was hält die Leber gesund?

    Dazu zählt vor allem ein gesunder Lebensstil, das heißt eine ausgewogene Ernährung ohne Überangebot an Kalorien, zugleich ein Verzicht auf übermäßigen Alkoholkonsum. Hier gilt weiterhin: Die Dosis macht das Gift. Und zu guter Letzt natürlich das frühzeitige Erkennen und die Therapie von akuten und chronischen Lebererkrankungen.

    Haben Sie noch eine Botschaft für uns?

    Leider gelingt es uns als Gesellschaft nicht, die unglaubliche Errungenschaft der Organtransplantation ausreichend umzusetzen. Beispielsweise haben wir in Deutschland im Vergleich mit Spanien 80 Prozent weniger Organspender in der Bevölkerung. Dieser reale Mangel an Spenderorganen ist für viele unserer Patientinnen und Patienten ein Todesurteil. Meine Bitte an die Zuhörerinnen und Zuhörer wäre dabei, sich noch einmal aktiv mit dem Thema Organtransplantation auseinanderzusetzen und im Fall einer Spendebereitschaft einen Organspendeausweis auszufüllen und mit sich zu führen.