Wenn der Beipackzettel krank macht

Bei manchen Menschen stellen sich Nebenwirkungen erst ein, nachdem sie den Beipackzettel eines Medikaments aufmerksam gelesen haben oder im ärztlichen Gespräch umfassend über eine Behandlung aufgeklärt wurden. Dieses Phänomen wird als Nocebo-Effekt beschrieben.

Prof. Dr. Christian Büchel, Direktor des Instituts für Systemische Neurowissenschaften
Prof. Dr. Christian Büchel
Direktor des Instituts für Systemische Neurowissenschaften

Furcht und Erwartung als Auslöser

„Der Nocebo-Effekt ist laut offizieller Definition die Verursachung von Krankheit durch Erwartung von Krankheit und die damit verbundenen emotionalen Zustände“, sagt Hirnforscher Prof. Dr. Christian Büchel aus dem UKE. Anders ausgedrückt: Wer befürchtet, Nebenwirkungen durch ein verordnetes Medikament zu erleiden oder aufgrund bestimmter Umstände krank zu werden, bei dem stellen sich genau diese Folgen meist auch ein.

Das Gehirn spielt verrückt

Nocebo-Effekte sind keine Einbildung, sie haben eine neurobiologische Basis. Spezielle MRT-Untersuchungen haben gezeigt, dass Regionen der Großhirnrinde besonders aktiv sind und vermehrt Botenstoffe wie Cholecystokinin gebildet werden. Diese schüren Angst und Panik. Gleichzeitig wird die Produktion von Glückshormonen wie dem Dopamin gedrosselt. Betroffen sind oft ängstliche Menschen und solche, die häufiger mit Nebenwirkungen zu kämpfen hatten.

Schmerzen erfolgreich behandeln

Erwartungseffekte spielen vor allem auch bei Schmerzbehandlungen eine wichtige Rolle. Schaffen es Ärzt:innen, ihre Patient:innen von der Wirksamkeit eines Schmerzmittels zu überzeugen, erreicht die verordnete Therapie auch tatsächlich eher ihr Ziel. Prof. Büchel: „Die Erwartung führt dazu, dass der Körper auf seine Hausapotheke zurückgreift und eigene Schmerzmittel, sogenannte Endorphine, freisetzt. Der Körper unterstützt so die Therapie.“

Die nächsten Termine finden Sie unter www.gesundheitsakademie-uke.de

Text: Uwe Groenewold; Foto: Anja-K. Meyer