Und plötzlich ist die Luft weg

Reinhard Herhold (68) spielt Trompete und verbringt viel Zeit mit der Familie. Der Rentner ist sportlich und gesund, die Diagnose Lungenfibrose trifft ihn unerwartet. Die Erkrankung ist nicht heilbar und schreitet schnell voran. Im Juni 2022 muss er künstlich beatmet und ernährt werden, seine Frau pflegt ihn. Da kommt der rettende Anruf aus dem UKE, es gibt eine Spendelunge für ihn.

  • Reinhard Herhold: Es ist eigentlich wie früher. Als wäre nichts gewesen. Und das ist das, eben das Wunderschöne daran. Als ich hier auf dieser Liege lag und meine Frau mich pflegte, habe ich überlegt:

    Musst du deine Instrumente verkaufen?

    Und meine Frau meinte: "Lass das."

    Ich lag dann schon in der Klinik und die letzten Untersuchungen liefen noch für die Listung für die Transplantationsliste. Und ich war ja schon so weit am Ende. Die Kinder standen an meinem Bett, meine Frau war schon im Krankenzimmer mit eingezogen und das war ja alles so ein Signal.

    Da ist nicht mehr viel. Ich konnte nicht mehr essen, nicht mehr trinken, wurde künstlich ernährt, und es lagen auch die ersten Morphiumspritzen bereit.

    Man weiß, man ist dem Tode geweiht und nichts hilft mehr, außer eben, dass wirklich das Wunder passiert, dass eine Transplantation möglich ist und man bereitet sich darauf vor, dass man es nicht schafft.

    Na ja, und dann kam die Nachricht abends um halb neun, ein Telefonanruf aus Hamburg: "Sie müssen bis um eins hier sein. Wir haben eine Lunge." Das ist eben so ein Moment, wo man immer wieder damit kämpfen muss, dass das doch was ganz Tolles ist, was mir da widerfahren ist und dass ich so ein Glück hatte, noch mal durchstarten zu dürfen. Und ich bin dankbar und glücklich.

    Veronika Herhold: Selbst im Krankenhaus hat uns keiner mehr Hoffnung gemacht. Die Stationsärztin hat gesagt: "Machen Sie sich keine Hoffnung, es wird nichts mehr." Ich habe gedacht, na ja, manchmal gibt es ja vielleicht doch ein Wunder.

    Ja. Passierte, es passierte das Wunder.

    Reinhard Herhold: Als ich am Anfang stand meiner Krankheit und noch nicht mal ahnte, was auf mich zukommt, wusste ich gar nicht, was das bedeutet, Lungenfibrose, und wie schnell das zum Ende führen kann. Und ich bin heute so froh, dass dann eine Lungentransplantation mein Leben gerettet hat und ich heute wieder am Leben teilnehmen kann. Als gesunder Mensch.

    Ja, wir haben 50 Jahre gespielt. Davon kann man sagen, die meiste Zeit zusammen in einer Mannschaft. Und jetzt können wir wieder zusammen spielen, nachdem ich einige Jahre nicht mehr konnte. Das hat Lebensqualität. Egal, wo man spielt.

    Dr- Anna-Barbara Nolde: Herr Herold hat die Lungentransplantation extrem gut überstanden. Er ist ja schon ein älterer Patient für eine Lungentransplantation gewesen, aber er hatte keine sonstigen Begleiterkrankungen und er hat sich sofort erholt. Keine Einschränkungen. Muss natürlich ein bisschen auf was achten, aber er hat eine ganz normale Lungenfunktion, so wie meine hoffentlich, und keine relevanten Komplikationen gehabt.

    Reinhard Herhold: Also, das ging los im August 2019. Ich war hier im Garten, meine Frau war unterwegs, und ich hatte mir vorgenommen, das Moos vom Dach zu entfernen, vom Gartenhaus. Ich habe dort gearbeitet und plötzlich gemerkt Mensch, das haut nicht hin, du kriegst keine Luft mehr. Wieso bist du so außer Atem? Das ist doch nicht normal.

    Und dann führte der nächste Weg zum Pneumologen, der dann alle Blutuntersuchungen machte, der eine Bronchoskopie machte, der Proben entnahm. Und da gab es dann die das böse Erwachen und die Bestätigung: Ja, das ist eine Lungenfibrose. Und zwar eine von der Art, die nicht heilbar ist.

    Und das war schon schwer, damit umzugehen. A mit dem Gedanken, B, du musst das jetzt auch der Familie mitteilen, dass du etwas sehr Schlimmes hast. Man war fit, man hatte Familie. Die Enkelkinder sprangen durch den Garten. Es war eigentlich alles schön, man hat Sport getrieben, man fühlte sich gut. Und jetzt plötzlich eine Krankheit, von der man bisher nur weiß, sie ist nicht heilbar.

    Der Sommer 2020 ging noch, 2021 waren schon wirklich gravierende Einschränkungen da. Ich habe mich hier im Garten, bei jeder Bewegung hatte ich einen Hustenanfall. Ich war auch schon sehr geschwächt, machte alles sehr langsam.

    Und Februar 2022 ging es dann rapide abwärts. Im Juni kam ich auf die Liste bei Eurotransplant und im Juni selbst war dann auch die Operation.

    Das war also dann, ging Schlag auf Schlag mit ganz, ganz viel Glück. Und wahrscheinlich hätte ich keine 14 Tage mehr durchgehalten. Das war dann wirklich die Schlussphase. Bis dann die rettende OP kam.

    Dr- Anna-Barbara Nolde: Also, ich habe ihn jetzt kürzlich gesehen, und er hat weiterhin eine komplett normale Lungenfunktion. Ich denke, dass er damit noch viele Jahre Freude haben wird. Also, wenn das so unkompliziert verläuft, dann sind das die besten Voraussetzungen.

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