Ausgefragt?! Narkose: Sicher und schmerzfrei durch die OP


Interview mit Dr. med. Ulrich Harler


Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie

Fast Jede:r von uns hatte schon mal eine Narkose: Sie ermöglicht den Patient:innen eine schmerz- und angstfreie Operation und hat das Ziel, das Schmerzempfinden nachhaltig auszuschalten. Welches Narkoseverfahren angewandt wird, ist abhängig vom Eingriff und vom individuellen Gesundheitszustand der Patient:innen. Die Anästhesie ist dabei für die Durchführung der Narkose sowie für die Überwachung und Aufrechterhaltung aller lebenswichtigen Organfunktionen zuständig. Wie genau eine Narkose funktioniert, welche Verfahren es gibt und warum Sie keine Angst vor der Narkose haben sollten, erklärt Dr. Ulrich Harler, Oberarzt der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE), im Video.

  • Mein Name ist Ulrich Harler, Oberarzt der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie hier im UKE.

    Herr Dr. Harler, wie ist die Klinik für Anästhesiologie am UKE aufgestellt?

    Hier im UKE führen wir circa 45.000 Narkosen jährlich im Rahmen des gesamten chirurgischen Spektrums, einschließlich Organtransplantationen, Operationen am offenen Herzen und Gehirn und roboterassistierte Chirurgie durch. Damit sind wir Spitzenreiter in Hamburg und deutschlandweit eine der größten anästhesiologischen Kliniken. Neben der hochqualitativen Durchführung von Narkosen – von Frühgeborenen bis zu hochbetagten Patientinnen und Patienten – zählen die Intensiv- und Notfallmedizin, Schmerztherapie und Palliativmedizin zu unseren Tätigkeitsbereichen. Sie finden uns hier im UKE in all diesen Bereichen als Expertinnen und Experten im interdisziplinären Setting wieder.

    Was ist eine Narkose?

    Jeder von uns hatte wahrscheinlich schon mal eine Narkose oder wird sie in Zukunft bekommen. Dabei hat die Narkose immer ein Ziel, nämlich das Schmerzempfinden nachhaltig auszuschalten. Grundsätzlich unterscheiden wir zwischen Allgemein- und Regionalanästhesie. Bei der allgemeinen Anästhesie, der klassischen Vollnarkose, werden mithilfe von Medikamenten, die über einen Venenzugang verabreicht werden, das Bewusstsein, Schmerzempfinden und gegebenenfalls auch der Muskeltonus so stark gehemmt, dass unsere Patientinnen und Patienten selbst durch stärkste schmerzhafte Reize nicht erweckt werden können. Die verschiedenen Arten der Regionalanästhesie führen zu einer vorübergehenden Hemmung der Schmerzwahrnehmung bestimmter Körperregionen, ohne dabei das Bewusstsein zu beeinträchtigen.

    Wie wird entschieden, welche Art von Narkose durchgeführt wird?

    Die Auswahl des geeigneten Narkoseverfahrens erfolgt gemeinsam mit unseren Patientinnen und Patienten im Rahmen der präoperativen Visite in unserer Prämedikationsambulanz. Vor einer geplanten Narkose werden Sie von einer Anästhesistin, einem Anästhesisten untersucht, relevante Befunde und Vorerkrankungen erfasst und hinsichtlich des am besten geeigneten Narkoseverfahrens beraten. Sind alle Untersuchungen und Befunde für die sichere Durchführung einer Narkose vorhanden, erfolgt die Freigabe zur Operation.

    Was passiert im Körper bei einer Narkose?

    Für die Allgemeinanästhesie kombinieren wir in der Regel ein sehr starkes Schmerzmittel, ein Opioid, mit einem Hypnotikum, einem Schlafmittel. Opioide wirken über Opioidrezeptoren im zentralen und peripheren Nervensystem und wirken hauptsächlich schmerzlindernd und sedierend. Die von uns verwendeten Hypnotika wirken primär dämpfend im Zentralnervensystem, indem sie die Wirkung von hemmenden Botenstoffen, die schlafinduzierend sind, verstärken.

    Welche Aufgabe hat der Anästhesist bzw. die Anästhesistin während der Operation?

    Als Anästhesistinnen und Anästhesisten sind wir gemeinsam im Team mit einer Anästhesie-Pflegekraft während der gesamten Narkosedauer und einem individuellen Überwachungszeitraum nach der Narkose an Ihrer Seite. Neben der zielgerichteten Durchführung der Narkose sind die Überwachung und Aufrechterhaltung aller lebenswichtigen Organfunktionen unsere Kernaufgabe. Zu den lebenswichtigen Organfunktionen, die wir mithilfe der Messung der Sauerstoffsättigung, Herzfrequenz, Blutdruck, Atemfrequenz und auch Hirnstrom-Messungen überwachen und therapieren, gehören die Niere, die Lunge, das Herz-Kreislauf-System und das zentrale Nervensystem.

    Welche Risiken birgt eine Narkose?

    Durch die fortlaufende Weiterentwicklung der Medizin, der von uns verwendeten Überwachungstechniken und Medikamente, sind sämtliche Anästhesieformen sehr sicher geworden. Die Wahrscheinlichkeit, eine schwere anästhesieassoziierte Komplikation, wie einen Herzstillstand oder einen Hirnschaden zu erleiden oder gegebenenfalls daran zu versterben, liegt im hundertstel bis tausendstel Prozentbereich und ist damit ähnlich wahrscheinlich, wie von einem Blitz getroffen zu werden. Hier im UKE stehen uns modernste Überwachungstechnologien und Beatmungsgeräte zur Verfügung, womit wir ihr Risiko noch weiter minimieren.

    Wer ist besonders gefährdet?

    Zusammenfassend kann man sagen, dass das Narkoserisiko mit zunehmender Krankheitsschwere und Gebrechlichkeit ansteigt. Daher ist es uns hier im UKE besonders wichtig, sie individuell im Rahmen der präoperativen Visite zu beraten, Ihre Narkoseform und die Überwachungstechniken individuell anzupassen und Sie sicher durch die Narkose zu führen. Hier im UKE behandeln wir besonders viele schwerstkranke Patientinnen und Patienten, und daher haben wir einen sehr großen Erfahrungsschatz.

    Kann ich während einer Narkose wach werden und Schmerzen spüren?

    Das bewusste Wahrnehmen von Schmerzen oder anderen Wahrnehmungen während der Narkose ist ein sehr seltenes Ereignis und wird auch Awareness genannt. Verwendet man standardisierte Abfrageprotokolle, tritt es in 0,1 bis 0,2 Prozent aller Anästhesien auf und ist damit sehr selten. Hier im UKE verwenden wir routinemäßig Hirnstrommessungen während der Narkose, wodurch wir Ihre Narkosetiefe in Echtzeit erfassen können und jederzeit die Narkose individuell anpassen.

    Was sollte ich vor bzw. nach einer Narkose beachten?

    Vor einer Narkose sollten Sie sich an die Nüchternheitsregeln halten, die Ihnen spätestens im Rahmen der präoperativen Visite durch Ihre Anästhesistin und ihren Anästhesisten mitgeteilt werden. Je elektiver, das heißt, wenig dringlich Ihre geplante Operation oder Ihre geplante Narkose ist, desto eher sollten Sie sie in Rücksprache mit Ihren behandelnden Ärztinnen und Ärzten im Falle einer akuten Erkrankung, zum Beispiel Fieber oder anderen Erkrankungen mit schwerem Krankheitsgefühl, verschieben. Nach einer Narkose sollten Sie beachten, dass Sie 24 Stunden nicht aktiv am Straßenverkehr teilnehmen dürfen und keine wichtigen Entscheidungen bei fehlender Geschäftsfähigkeit treffen sollten. Außerdem sollten Sie auf den Konsum von Zigaretten, Alkohol und Beruhigungsmitteln verzichten. Sollte Ihre Narkose ambulant durchgeführt werden, sollten Sie sich von einer Kontaktperson abholen lassen und eine 24-Stunden-Betreuung organisieren.

    Haben Sie noch eine Botschaft für uns?

    Halten Sie sich körperlich und mental fit. Das ist nicht nur die beste Vorbereitung für die Bewältigung des Alltages, sondern auch für jede Narkose. Und ganz wichtig: Haben Sie keine Angst vor einer Narkose. Hier im UKE erwarten Sie Expertinnen und Experten, die Sie optimal betreuen werden.